Wie es Deutschland schaffen kann junge Talente aus dem Ausland anzuziehen

Anhand der Geschichten von Luya aus Sambia und Frederick aus Panama zeigen wir, wie Länder durch gezielte Bildungsangebote und attraktive Bedingungen überzeugen können.

6/18/20245 min read

Disclaimer: Geschäftspolitik e.V. distanziert sich von der Politik Chinas und steht für die freiheitlich demokratische Grundordnung, zu der insbesondere die Menschenwürde sowie unter anderem Meinungs- und Pressefreiheit gehören, ein. Dieser Artikel dient lediglich dazu, Chinas Förderung internationaler Studierender zu veranschaulichen und die beeindruckende Geschichte zweier ambitionierter Studenten beispielhaft zu erläutern.

Globaler Wettbewerb um talentierte Fachkräfte

Angesichts des globalen Wettbewerbs um talentierte Fachkräfte und des zunehmenden Fachkräftemangels in Deutschland möchten wir als Geschäftspolitik e.V. unsere persönlichen Erfahrungen nutzen, um zu erläutern, was Deutschland von China lernen kann, wenn es darum geht junge ambitionierte Menschen aus dem globalen Süden ins eigene Land zu bringen. Ebenso wie Auszubildende, sind auch Studierende die Fachkräfte von Morgen. Als unsere Mitglieder Loïc Lallement und Marc Ackermann ihr Austauschsemester in Shanghai und Peking absolvierten gingen sie ursprünglich davon aus, dass China, ähnlich wie seine Wirtschaft, auch gesellschaftlich stark abgeschottet sei. Diese Annahme erwies sich jedoch als falsch. Während ihres Aufenthalts trafen sie auf Studierende aus aller Welt, die in China ihren Bachelor oder Master absolvieren. Derzeit studieren etwa 500.000 internationale Studierende in China - potenzielle sehr gut ausgebildete Fachkräfte für die Chinesische Volkswirtschaft. 

Für uns als Geschäftspolitik e.V. stellt sich an diesem Punkt die Frage: Wieso China und nicht Deutschland? Was treibt junge Menschen nach China, einem aus unserer Sicht autoritären Staat? Welche Maßnahmen müsste Deutschland ergreifen, um mehr junge Studierende aus dem globalen Süden anzuziehen? Angesichts des Fachkräftemangels benötigt Deutschland ausländische Fachkräfte, um seine langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Daher wollen wir verstehen, was Deutschland sich beim Thema internationale Studierende von China abschauen muss.

Die Geschichten von Luya und Frederick

Von den 500.000 internationalen Studierenden in China studieren etwa 50.000 mit einem Vollstipendium. Zwei dieser Stipendiaten sind Frederick aus Panama und Luya aus Sambia. Diese beiden 20-jährigen jungen Männer haben bemerkenswerte Disziplin, Mut und Durchhaltevermögen aufgebracht, um in China zu studieren. Ihre Geschichten verdeutlichen eindrucksvoll und beispielhaft, warum China für junge Menschen aus Afrika, Lateinamerika und Zentralasien so attraktiv ist.

Frederick wurde in David, Panama, geboren, wo seine Eltern ein Restaurant betreiben. Luya stammt aus Kafue, Sambia; sein Vater ist Zahnarzt, seine Mutter Hausfrau. Beide berichten, dass ihre Eltern stets großen Wert auf Bildung legten. Nach dem Abitur standen Luya und Frederick vor einer entscheidenden Wahl. Die begrenzten Bildungsmöglichkeiten und mangelnden beruflichen Perspektiven für Bauingenieure und Architekten in Sambia und Panama zwangen sie, nach Alternativen zu suchen. Ihr Ehrgeiz, ihr volles Potenzial auszuschöpfen, führte sie schließlich an die renommierte Tongji University in Shanghai.

Um an der Tongji University studieren zu können, mussten Luya und Frederick ein Jahr lang intensiv Chinesisch lernen und die anspruchsvolle HSK-5-Prüfung auf C1-Niveau bestehen. Da ihre Eltern die Studiengebühren von 7.000 Yuan pro Jahr (etwa 900 Euro) sowie die Lebenshaltungskosten in China nicht tragen konnten, waren beide auf ein Vollstipendium angewiesen. Dieses Stipendium übernimmt die Studiengebühren, die Miete für ein Zimmer auf dem Campus und ein monatliches Taschengeld von 2.500 Yuan (etwa 300 Euro) über die gesamte Studiendauer hinweg. Um das Vollstipendium zu erhalten, mussten sie zusätzlich zu den Sprachanforderungen Prüfungen in Mathematik, Chemie und Physik bestehen, unabhängig davon, welches Bachelorprogramm sie wählten. Mit dem Risiko, bei Nichtbestehen der Chinesisch-Prüfung oder dem Nichterreichen des Vollstipendiums in ihre Heimatländer zurückkehren zu müssen, setzten sie alles daran, erfolgreich zu sein. Heute studiert Luya Bauingenieurwesen und Frederick Architektur, wobei der gesamte Studieninhalt auf Chinesisch unterrichtet wird.

Warum junge Menschen nach China streben

Wir haben Frederick und Luya gefragt, warum sie sich für China, einem aus unserer Sicht autoritären Staat, entschieden haben. Hauptgrund für ihre Entscheidung war die umfangreiche finanzielle Förderung Chinas durch zahlreiche Stipendienprogramme. Diese Vollstipendien decken Studiengebühren, Unterkunft und bieten monatliche Zuschüsse, wodurch finanzielle Hürden beseitigt werden. Diese Unterstützung ist entscheidend für Studierende wie Luya und Frederick, deren Eltern die Kosten für ein Studium im Ausland nicht tragen könnten.

Dazu kommt, dass China ein Zentrum für Innovation und technologische Entwicklung geworden ist, besonders im Bereich Infrastruktur. Das Land verfügt über das größte Hochgeschwindigkeitszugnetz der Welt und hat die Hongkong-Zhuhai-Macau-Brücke, die längste Meeresbrücke der Welt, realisiert. Diese fortschrittliche Umgebung bietet jungen Ingenieuren wie Luya und Architekten wie Frederick zahlreiche berufliche Chancen und die Möglichkeit, praktische Erfahrungen durch Praktika während des Studiums zu sammeln. Aufgrund der zahlreichen Infrastrukturprojekte und des hohen Ansehens der Tongji University in Shanghai haben beide hervorragende Voraussetzungen für einen erfolgreichen Berufseinstieg, sodass sie sich für die nächsten zehn Jahre in China sehen.

Als letzten Punkt nannten beide, dass China in Afrika und Lateinamerika durch direkte ausländische Investitionen und Entwicklungsprojekte in den letzten Jahren immer präsenter wurde. Diese Investitionen schaffen Arbeitsplätze, fördern das Wirtschaftswachstum und stärken die wirtschaftlichen Beziehungen zu diesen Regionen. Dies steigert Chinas Popularität bei jungen Menschen in diesen Regionen und erhöht die Attraktivität Chinas für junge Menschen.

Empfehlungen für Deutschland

Auf die Frage, ob sie Deutschland in Betracht gezogen hatten, gaben Frederick und Luya an, dass es an umfassenden finanziellen Förderprogrammen fehlte. In China genießen sie finanzielle Unterstützung, die es ihnen ermöglicht, sich vollständig auf ihr Studium zu konzentrieren. Deutschland müsste ähnliche Programme einführen, um die hohen Lebenshaltungskosten auszugleichen und attraktiver für junge Menschen aus dem globalen Süden zu werden.

Zudem sind die bürokratischen Hürden in Deutschland erheblich, insbesondere bei der Anerkennung ausländischer Schulabschlüsse und der Beschaffung von Visa. Ein vereinfachter und transparenterer Prozess könnte hier Abhilfe schaffen.

Darüber hinaus berichteten Frederick und Luya, dass China aktiv an ihren Schulen für ein Studium geworben hatte und ein standardisiertes Bewerbungsverfahren anbot. Deutschland wirkte für sie hingegen unerreichbar. Deutschland sollte daher ähnliche Werbemaßnahmen ergreifen und standardisierte Bewerbungsverfahren einführen, um international sichtbarer und zugänglicher zu werden.

Luya und Frederick bei Geschäftspolitik e.V.

Geschäftspolitik e.V. freut sich, Luya und Frederick im Team willkommen zu heißen. Ihre Geschichten stehen für Mut, Entschlossenheit und die Bereitschaft, alles auf eine Karte zu setzen. Durch Geschäftspolitik e.V. planen Luya und Frederick langfristig, Projekte in ihren Heimatländern durchzuführen und zur wirtschaftlichen und politischen Förderung vor Ort beizutragen. Ihre Geschichten verdeutlichen, dass Bildung der Schlüssel zu einer vielversprechenden Zukunft ist.

Luya, Bauingenieurwesen, aus Sambia
"Ich sehe das Studium in Shanghai als eine Chance meinem Heimatland später etwas zurückzugeben."

Frederick, Architekturstudent, aus Panama
"Shanghai hat mein Verständnis von Möglichkeiten völlig verändert. Jeder Tag bietet Chancen zur Weiterentwicklung."